Foto: Andre Zand-Vakili
Foto: Andre Zand-Vakili

Deutschland vs. Schweiz: Wie handhaben die beiden Länder das Glücksspiel?

Ratgeber - Kaum ein Markt ist so umkämpft, umstritten und zugleich so streng reguliert wie der Glücksspielsektor. Deutschland und die Schweiz gehen das Thema mit grundverschiedenen Strategien an und das in einem Spannungsfeld, das tiefere Einblicke verdient.

Während Deutschland mit dem Glücksspielstaatsvertrag einen komplexen Versuch unternimmt, digitale Angebote zu legalisieren und zugleich einheitlich zu überwachen, setzt die Schweiz auf ein begrenztes, dafür klar strukturiertes Konzessionssystem mit nationaler Abschottung.

Beide Länder stehen vor denselben Herausforderungen wie Spielsuchtprävention, Marktregulierung und Steueraufkommen, antworten darauf aber mit unterschiedlichen rechtlichen und politischen Werkzeugen. Ein Vergleich zeigt, wie unterschiedlich Ordnung und Kontrolle im Glücksspiel tatsächlich ausgelegt werden können.

Wie unterschiedlich die Spielregeln in beiden Ländern aufgestellt sind
Im Jahr 2021 führte Deutschland einen neuen Glücksspielstaatsvertrag ein, während die Schweiz schon 2019 mit einem eigenen Gesetz vorangegangen war. Das sind zwei Systeme, die unterschiedlicher kaum sein könnten. In Deutschland regelt seitdem ein zentraler Vertrag, was erlaubt bleibt und was unterbunden werden soll. Das Ziel besteht darin, Spielsucht zu verhindern, Minderjährige zu schützen, illegale Machenschaften zu bekämpfen und gleichzeitig den Markt auf legale Bahnen zu lenken.

Online-Automatenspiele und Poker sind nun erlaubt, allerdings nur für Anbieter mit deutscher Lizenz. Klassische Casinospiele wie Roulette oder Blackjack dürfen hingegen ausschließlich offline angeboten werden. Wer digital mit der Kugel spielen möchte, hat Pech gehabt.

Die Schweiz hingegen verfolgt einen klar strukturierten Weg. Die Echtgeld Casinos der Schweiz sind nur dann zulässig, wenn sie mit real existierenden Schweizer Casinos verbunden sind. Der Staat setzt bewusst auf nationale Anbieter und grenzt sich gegen internationale Konkurrenz ab. Internetseiten aus dem Ausland, die gegen diese Vorgaben verstoßen, werden konsequent blockiert. Eine deutlichere Botschaft in Richtung Eigenständigkeit ist kaum denkbar.

Regulierung und Realität – was in Deutschland und der Schweiz tatsächlich erlaubt ist
In Sachen juristischen Texten und tatsächlichem Angebot klaffen in beiden Ländern teils große Lücken. In Deutschland umfasst das legale Spektrum Sportwetten, Lotterien, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele, allerdings zeigen sich viele Anbieter nach wie vor zögerlich oder warten auf ihre Lizenzen. Manche haben sich gleich ganz aus dem Markt verabschiedet und besonders auffällig ist das Verbot von Online-Tischspielen, denn es gilt flächendeckend, wird jedoch punktuell von einzelnen Bundesländern gelockert, wie etwa in Schleswig-Holstein.

Die Schweiz wirkt in dieser Hinsicht stringenter, denn hier sind Lotterien, Sportwetten und Casinospiele legal, allerdings nur dann, wenn sie unter staatlicher Aufsicht angeboten werden. Wer in der Schweiz ein Online-Angebot betreiben möchte, muss dafür über eine nationale Konzession verfügen. Das Angebot ist dadurch zwar kleiner, aber eindeutig geregelt. Die Debatte rund um Poker bleibt weiterhin offen. Je nach Auslegung kann das Spiel als reines Glücksspiel oder als geschicklichkeitsbasierter Wettbewerb eingeordnet werden.

Online-Spielotheken durch DIgitalisierung im Fokus
Die Digitalisierung hat die Glücksspielwelt auf den Kopf gestellt. In Deutschland erlaubt das Gesetz mittlerweile Online-Glücksspiel, allerdings nur unter strengen Auflagen. Spieler müssen sich ausweisen, dürfen nicht unbegrenzt Geld einzahlen und werden hinsichtlich ihrer Spielzeit überwacht. Ein monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro gilt als verbindlich. Die Sperrdatei OASIS sorgt dafür, dass Spieler, die sich selbst ausgeschlossen haben oder ausgeschlossen wurden, keinen Zugang mehr erhalten

Die Schweiz wählt einen direkteren Weg, denn dort ist eine Online Spielothek nur dann legal, wenn es mit einem stationären Casino im Inland verbunden ist. Internationale Plattformen, selbst wenn sie in anderen Ländern zugelassen sind, dürfen in der Schweiz nicht agieren. Sie werden gesperrt, und zwar durch technische Blockaden. Wer in der Schweiz digital spielen möchte, muss also auf Anbieter zurückgreifen, die mit einer nationalen Spielbank verbunden sind. Dieses Modell ist engmaschig kontrolliert und schließt Ausnahmen gezielt aus.

Spielerschutz mit System oder nur ein theoretisches Konstrukt?
Der Spielerschutz steht in Deutschland auf mehreren Säulen. Die zentrale Sperrdatei OASIS, die Begrenzung der Einzahlungssummen und technische Schutzmechanismen wie Warnhinweise und Zwangspausen bilden ein Bündel an Maßnahmen, das Spieler vor sich selbst schützen soll. Der Anspruch besteht darin, Kontrolle und Eigenverantwortung miteinander zu verbinden, doch es stellt sich die Frage, wie effektiv diese Maßnahmen greifen, wenn viele Nutzer illegale Anbieter bevorzugen, weil diese weniger Regeln kennen.

In der Schweiz existiert kein zentrales Sperrsystem. Jeder Anbieter führt seine eigene Liste, in der gesperrte Spieler vermerkt werden. Auch dort sind Selbstsperren möglich, ebenso wie Sperren durch Angehörige oder Behörden. Gesetzliche Einsatzlimits fehlen allerdings.

Anbieter sind verpflichtet, über Risiken aufzuklären, müssen jedoch nicht zwingend mit Präventionsstellen kooperieren. Das lässt mehr Eigenverantwortung zu, bringt aber auch das Risiko mit sich, dass Schutzmaßnahmen weniger konsequent umgesetzt werden.

Steuerfrei oder steuerpflichtig – auf welchem Weg fließen die Glücksspielgewinne zum Staat?
Ein Gewinn beim Glücksspiel kann ein großer Moment sein. In Deutschland bleibt dieser Moment steuerlich unbelastet, zumindest für den Spieler. Wer legal gewinnt, muss den Betrag nicht versteuern. Der Staat verdient dennoch am Glücksspiel durch Abgaben, die Anbieter zahlen müssen. Seit 2021 fällt beispielsweise eine Steuer von 5,3 Prozent auf Sportwetteneinsätze an.

In der Schweiz gelten andere Regeln, so bleiben Gewinne aus anerkannten Spielen bis zu einer Million Franken steuerfrei. Was darüber hinausgeht, unterliegt der Einkommenssteuer, besonders problematisch wird es bei nicht bewilligten Anbietern. Wer dort gewinnt, muss im schlimmsten Fall den gesamten Betrag versteuern. Damit setzt die Schweiz einen deutlichen Anreiz, sich an die offiziellen Kanäle zu halten.

Stationäre Spielotheken in der digitalen Ära – Auslaufmodell oder stabile Säule?
Während Online-Casinos neue Spielergruppen erschließen, kämpfen viele landbasierte Spielbanken mit rückläufigen Besucherzahlen. In Deutschland behalten sie eine gewisse Relevanz, da Tischspiele wie Roulette oder Blackjack nur dort erlaubt sind. Dieses exklusive Angebot schützt sie jedoch nicht automatisch vor dem schleichenden Bedeutungsverlust.

Die Schweiz hat diese Entwicklung anders kanalisiert. Dort dürfen Online Spielotheken nur dann betrieben werden, wenn sie mit einem klassischen Casino verbunden sind. Die digitale Lizenz ist also untrennbar mit einer physischen Spielstätte verknüpft. Dieses Modell soll den Übergang von der realen zur digitalen Welt regeln und gleichzeitig eine staatlich kontrollierte Infrastruktur sichern.

Unterschiedliche Voraussetzungen in beiden Ländern
In Deutschland markiert der Glücksspielstaatsvertrag einen Wendepunkt, doch die Diskussionen reißen nicht ab. Immer wieder wird von der Politik gefordert, das Angebot zu erweitern und beispielsweise Online-Tischspiele zuzulassen. Kritiker warnen jedoch davor, durch zu viele Ausnahmen genau das zu zerstören, was der Vertrag eigentlich schützen soll.

Die Schweiz zeigt sich deutlich zurückhaltender, denn dort gilt die aktuelle Gesetzeslage als stabil. Große Reformen sind nicht in Sicht und die klare Trennung zwischen legal und illegal bleibt bestehen. Ob dieses Modell auch langfristig tragfähig bleibt, hängt davon ab, wie sich Technologie, Nutzerverhalten und internationale Marktbewegungen entwickeln.