Ratgeber - Viele Trader konzentrieren sich auf die Auswahl der richtigen Aktien, das Timing ihrer Einstiege und die Analyse von Charts. Ein entscheidender Faktor für die Profitabilität bleibt jedoch oft unbeachtet: die Orderausführung. Die Art und Weise, wie Orders platziert, ausgeführt und abgewickelt werden, hat direkten Einfluss auf Slippage, Transaktionskosten und die Gesamtperformance eines Portfolios. Dieser Leitfaden erklärt, wie die Markt-Mikrostruktur den Handel beeinflusst, welche versteckten Kosten eine schlechte Orderausführung verursacht und wie Trader ihre Strategien optimieren können.
Was versteht man unter Markt-Mikrostruktur?
Die Markt-Mikrostruktur beschreibt die Mechanismen, Regeln und Prozesse, die den Handel mit Wertpapieren steuern und ist besonders relevant für Trader, die sich auf kurzfristigen Handel konzentrieren oder eine effiziente Handelsstrategie entwickeln möchten. Dazu gehören unter anderem:
- Ordertypen & Ausführung: Marktorders, Limitorders, Stop-Orders und deren Auswirkungen.
- Liquidität & Markttiefe: Wie leicht ein Wertpapier gehandelt werden kann, ohne den Preis erheblich zu beeinflussen.
- Bid-Ask-Spread & Slippage: Die oft übersehenen Kosten beim Ein- und Ausstieg aus Positionen.
- Market Maker & High-Frequency-Trading (HFT): Der Einfluss automatisierter Handelsstrategien auf die Preisbewegungen.
Ein tiefgehendes Verständnis dieser Elemente ermöglicht es Tradern, ihre Ausführungsstrategien zu optimieren, Kosten zu senken und die Performance zu steigern.
Auswirkungen der Orderausführung auf die Portfolio-Performance
1. Die versteckten Kosten einer schlechten Orderausführung
Viele Trader gehen davon aus, dass allein der richtige Einstiegskurs über den Erfolg eines Trades entscheidet. Die Qualität der Orderausführung spielt jedoch eine entscheidende Rolle, da sie durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird:
Slippage:
- Die Differenz zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen Ausführungspreis.
- Bid-Ask-Spreads: Die Kosten für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren.
- Order-Routing: Der Weg, den eine Order bis zur Ausführung durchläuft, und dessen Einfluss auf die Geschwindigkeit.
Insbesondere für aktive Trader summieren sich ineffiziente Ausführungen im Laufe der Zeit und können die Performance erheblich mindern.
2. Wie Slippage Gewinne schmälert
Slippage tritt auf, wenn ein Trade nicht zum erwarteten Preis ausgeführt wird, sondern aufgrund von Marktschwankungen oder Verzögerungen zu einem ungünstigeren Kurs.
Hohe Slippage tritt in illiquiden Märkten, bei Nachrichtenereignissen oder bei der Nutzung von Marktorders in volatilen Marktphasen auf. Geringe Slippage ist typisch für liquide Märkte mit engen Spreads und tiefer Orderbuchstruktur.
Ein Beispiel:
- Ein Trader plant, 1.000 Aktien zu je 50,00 USD per Marktorder zu kaufen.
- Aufgrund begrenzter Liquidität wird die Order jedoch im Durchschnitt zu 50,10 USD ausgeführt.
- Dadurch verliert der Trader sofort 100 USD an Slippage – ein Kostenfaktor, der sich über viele Trades hinweg summiert.
- Insbesondere für High-Frequency-Trader kann häufig auftretende Slippage die jährlichen Renditen um mehrere Prozentpunkte reduzieren.
Ordertypen und deren Einfluss auf die Ausführung
1. Marktorders: Schnell, aber teuer
Eine Marktorder wird sofort zum besten verfügbaren Preis ausgeführt. Das garantiert schnelle Abwicklung, kann jedoch in volatilen oder illiquiden Märkten hohe Slippage verursachen.
- Geeignet für: Dringende Trades in hochliquiden Märkten.
- Problematisch für: Dünn gehandelte Aktien, Kryptowährungen und volatile Marktereignisse.
2. Limitorders: Kontrollierte Ausführung
Bei einer Limitorder wird ein bestimmter Preis festgelegt, zu dem die Order ausgeführt wird. Das verhindert Slippage, birgt aber das Risiko, dass die Order nicht ausgeführt wird, falls der Marktpreis das Limit nicht erreicht.
- Geeignet für: Kostenkontrolle und gezielte Ein- und Ausstiege.
- Problematisch für: Märkte mit schnellen Preisschwankungen, bei denen Teilausführungen auftreten können.
3. Stop-Orders: Schutz vor unerwünschten Marktbewegungen
Sobald der Stop-Preis erreicht wird, wird eine Stop-Order als Marktorder ausgeführt. Sie dient dem Risikomanagement, kann aber bei starken Kurslücken zu ungünstigen Ausführungen führen.
- Geeignet für: Automatisierte Ausstiege und Verlustbegrenzung.
- Problematisch für: Hochvolatile Märkte mit häufigen Stop-Loss-Jagden.
4. Iceberg-Orders: Wie institutionelle Trader große Orders verstecken
Große Marktteilnehmer nutzen Iceberg-Orders, bei denen nur ein kleiner Teil der gesamten Order im Orderbuch sichtbar ist. Dies verhindert starke Marktbewegungen durch große Orders.
Retail-Trader können Iceberg-Orders durch die Analyse von Level-2-Orderbuchdaten identifizieren, um Ansammlungen oder Verteilungszonen großer Investoren zu erkennen.
Order-Routing und intelligente Orderausführung
Der Weg einer Order bis zur Börse hat direkten Einfluss auf Geschwindigkeit, Ausführungsqualität und Handelskosten. Broker leiten Orders über verschiedene Handelsplätze, Market Maker oder Dark Pools weiter. Schnelle Routen minimieren Slippage, während unterschiedliche Wege entweder Preisverbesserungen oder Makler-Rückvergütungen priorisieren.
- Direct Market Access (DMA): Ermöglicht Tradern den direkten Handel mit Börsen und kann zu besseren Ausführungen führen.
- Payment for Order Flow (PFOF): Broker wie Robinhood leiten Orders über Drittanbieter weiter, was die Ausführungsqualität für Retail-Trader leicht verschlechtern kann.
Institutionelle Anleger setzen für große Orders auf algorithmische Strategien wie VWAP (Volume Weighted Average Price) oder TWAP (Time Weighted Average Price), um Markteinflüsse zu minimieren. Auch Retail-Trader können von gestaffelten Einstiegen profitieren, um ihre Orderausführung zu verbessern.
Qualität der Orderausführung messen und optimieren
Das Überwachen der Ausführungsqualität hilft Tradern, Handelskosten zu minimieren. Zwei wichtige Kennzahlen sind:
Slippage:
- Hohe Slippage deutet auf Ineffizienzen hin. Lösungen können sein:
- Verwendung von Limitorders anstelle von Marktorders.
- Vermeidung von illiquiden Handelszeiten (z. B. vorbörslich oder nachbörslich).
- Nutzung von ECNs (Electronic Communication Networks) zur Preisverbesserung.
Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Ausführungspreis und dem Mittelkurs des Bid-Ask-Spreads. Ein breiter Spread erhöht die Kosten. Falls Trades oft zu ungünstigen Kursen ausgeführt werden, kann eine Anpassung der Order-Routing-Strategie helfen.
Die Marktlage beeinflusst ebenfalls die beste Ausführungsstrategie. In volatilen Phasen sind größere Stop-Abstände und Limitorders sinnvoll, um Slippage zu reduzieren. Bei geringer Volatilität kann ein schrittweiser Einstieg helfen, bessere Einstiegspreise zu erzielen.
Fazit
Die Orderausführung ist ein zentraler Faktor für die Performance eines Portfolios. Wer sich intensiv mit der Markt-Mikrostruktur, Liquidität, Ordertypen und Order-Routing beschäftigt, kann Handelskosten minimieren, Slippage reduzieren und bessere Ausführungspreise erzielen. Eine präzise Handelsausführung nach institutionellen Standards verbessert langfristig die Profitabilität und vermeidet unnötige Verluste.
