Röttiger-Gelände: IBA will Projekt mit neuen Ideen retten

130302RoettigerNeugraben – Nun sollen die Profis von der IBA Hamburg ran. Fast ein Jahrzehnt dümpelte das Wohnungsbauareal „Elbmosaik“ mit Einkaufszentrum, S-Bahn und

Naturschutzgebiet vor sich, und ein paar Kilometer weiter westlich wurde ein ebenso wertvolles ehemaliges Kasernengelände zwischen den abgehobenen Ideen einer Architekturolympiade und dem einnehmenden Wesen der Finanzbehörde zerrieben. Schluss damit. IBA-Geschäftsführer Ulli Hellweg und sein Team haben in Wilhelmsburg rund eine Milliarde Euro für Wohnungsbau und andere nützliche Bauten verplant. Dann werden sie wohl auch das „Elbmosaik“ am Neugrabener Bahnhof und das noch namenslose Quartier auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne zum Erfolg führen.

Das Vertrauen der Senatskommission für Stadtentwicklung haben sie jedenfalls. Und auch der Bezirk Harburg scheint hinter Hellweg und seinen Leuten zu stehen. Die Kritik der Opposition ist spürbar schmaler geworden, nachdem Ulli Hellweg und Karen Pein, bekannt als Verantwortliche für die Harburger IBA-Projekte, im Stadtplanungsausschuss erste Skizzen für eine Neuplanung des Röttiger-Geländes vorgelegt hatten. Die Zahl der Wohneinheiten wird sich wohl tatsächlich bei 767 plus minus einpendeln, die Aufteilung in Einzelhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser und Geschosswohnungsbau wird nicht mehr so strikt gesehen, alles wird ein wenig mehr durchmischt. Karen Pein: „Es wird keinen Einzelhausbewohner stören, wenn neben ihm ein mehrstöckiges Gebäude mit hoher architektonischer Qualität steht.“ Wie die aussehen könnten, sei demnächst bei der IBA in Wilhelmsburg zu sehen.

Baugrund soll auch durch den Verzicht von rund 10.000 Quadratmeter Straßenflächen gewonnen werden – gleichzeitig wird durch die Verkaufserlöse die Wirtschaftlichkeit des gesamten Projekts verbessert. Zugleich soll auch die benachbarte „Landschaft“ stärker in das Wohnquartier hineinwachsen. Größere Grundstücke mit mehr als 1000 Quadratmetern am Rand des Quartiers wird es dann kaum noch geben. Pein: „Das schottet ab. Außerdem: Die Bewohner von so großen Grundstücken stehen doch ohnehin schon mitten in der Landschaft. Die brauchen nicht noch mehr Landschaft rundherum.“

Das alles heißt aber auch: Die Ergebnisse der Architekturolympiade des früheren CDU-Senats sind endgültig Makulatur. Zuletzt sollten nach dem Konzept des Büros spine architects Spuren einer früheren Nutzung aufgegriffen und in der Gestaltung neu interpretiert werden. Im Klartext: Wo früher Panzerbunker standen, sollten bunkerähnliche Wohngebäude mit „schrägen“ Grundrissen entstehen.

Und welche Vermarktungschancen hat dieses Areal? Jetzt sagte Karen Pein einen Satz, der alle aufhorchen ließ: „Das größte Potenzial dieses Gebiets sind die Bäume!“ Hört, hört! Bisher schienen Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Bäume verloren, weil in einem Wohngebiet nun einmal Sicherheit vorgeht, und niemand sagen kann, wie viele Kampfmittel noch im Boden der ehemaligen Kaserne vor sich hin rosten. Jetzt sollen andere, bisher kaum erprobte Methoden wie die akribische Auswertung historischer Quellen genutzt werden, jene juristische Sicherheit zu gewährleisten, die sich die Verantwortlichen wünschen. Karen Pein: „Das wird noch ein zähes Ringen.“

Wenn die IBA-Leute jetzt auch noch mit ähnlich frischen Ideen das Elbmosaik anpacken, könnte das Gebiet am Neugrabener Bahnhof auch noch ein Erfolg werden.

Die Reaktionen der Bezirkspolitiker waren einhellig positiv. Bemerkenswert darunter die Aussage der SPD-Abgeordneten Dagmar Overbeck: „Das ist die erste Planung für das Röttiger-Gelände, bei der ich keine Bauchschmerzen habe.“ Und auch CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer fand lobende Worte für die IBA-Ideen. Ob er sich da eine goldene Brücke gebaut hat, über die er den Rückzug aus dem so groß angekündigten Bürgerbegehren antreten könnte? ag