Ingelore und Lola am letzten Tag in der Fleischerei. Foto: zv
Ingelore und Lola am letzten Tag in der Fleischerei. Foto: zv
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Wattenbergstraße: Die Fleischerei die es "schon immer gab" musste aufgeben

Heimfeld - Die Wattenbergstraße ist eine „alte“ Straße. Historische, über 100 Jahre alte Häuser stehen hier. Sie sind so gut erhalten, dass sie als Kulisse des Zweiteilers Tadellöser & Wolff dienten, der 1975 im ZDF ausgestrahlt wurde. „Schon immer“ gab es in der Wattenbergstra0e die Fleischerei. Ein uriger, ursprünglicher Laden. Geflieste Wände. Eine kleine Auslage. Besitzerin Lola und Mitarbeiterin Ingelore, die „Seele“ des Ladens, verkauften neben Fleisch und Wurst auch selbst gemachte Frikadellen oder lange auch selbst gemachte Suppen, die viele Fans hatten.

Jetzt ist Schluss. Der Traditionsbetrieb, der dort ist, seit das Haus gebaut wurde, wurde aufgegeben. Das Haus wurde verkauft, Der neue Besitzer, so sagt Lola, hat die Miete verdoppelt. Die Fleischerei lässt sich nicht mehr wirtschaftlich führen.

Vor achteinhalb Jahren hatten Lola, die als Au-pair-Mädchen aus Albanien nach Deutschland kam, eigentlich studieren wollte, dann aber ihren Mann kennenlernte und mit ihm, ganz nach seinem Beruf, die Fleischerei übernommen. Davor hatte lange die Familie, die das Haus gebaut hatte, die Fleischerei betrieben. Später gab es kurzzeitig zwei Betreiber.

Lola übernahm auch Ingelore, die die letzten 13 Jahre in der Fleischerei arbeitete. Sie ist 77 Jahre alt und trotzdem fit. Unter Lola stockte sie sogar ihre Arbeitszeit auf. Sie kennt die Kunden beim Namen, hatte Zeit für einen kleinen „Schnack“. Es war der Laden „um die Ecke“. „Es ging hier sehr familiär zu“, sagt ein Kunde, der am letzten Tag vorbei kam. Für mich wurden immer zwei Frikadellen beiseite gelegt. Das war einfach so.“

Am letzten Tag, den Samstag am 1. März, kamen viele Kunden noch einmal vorbei. Wie beliebt die Fleischerei war, zeigten die vielen Blumen, die mitgebracht wurden. Sie füllten die gesamte Fensterfront. Einige mussten sogar rausgenommen werden, weil es schon am Mittag so viele waren. „Es ist rührend“, sagt Lola. „Damit haben ich nicht gerechnet.“ Was sie jetzt macht. „Mein Mann und ich haben noch einen Großhandel. Darauf konzentrieren wir uns“, sagt Lola.

Dass sich die Fleischerei so lange halten konnte, lag auch an der vorherigen Hausbesitzerin. Sie stammte aus der Familie, die die Haus gebaut hatte. Es war ihr Elternhaus. Ihr Herz hing nicht nur an dem Gebäude, sondern auch an der Funktion. „Sie wollte, dass der Laden für die Nachbarschaft erhalten bleibt", weiß Lola.

Der neue Besitzer hat dafür offenbar keinen Sinn. Auch er ist nach Deutschland gekommen und hat hier sein Glück gemacht. Nur anders. Mit Immobilien - vor allem ältere Häuser. Es ist nicht, so weiß Lola, das einzige Gebäude, das ihm in der Gegend gehört. zv