Olav Meyer-Sievers, Referent des KIT Foto: PÖA Polizei Hamburg
Olav Meyer-Sievers, Referent des KIT Foto: PÖA Polizei Hamburg

Kriseninterventionsteam des DRK wurde 2022 so oft wie nie zuvor alarmiert

Harburg - 25 Jahre gibt es das Kriseninterventionsteam (KIT)des DRK-Harburg. Nie war es so gefragt wie heute. Zu 506 Einsätzen wurden die 55 ehrenamtlichen Mitarbeiter im vergangenen Jahr alarmiert. Das sind so viele, wie nie zuvor.

Eine Mutter mit zwei Kindern, die an Heiligabend erfahren müssen, dass der Vater der Familie auf dem Nachhauseweg tot zusammengebrochen ist: Was unvorstellbar tragisch klingt, ist für Malte Stüben, Leiter des KIT, und seine Kolleginnen und Kollegen vom DRK Hamburg-Harburg einer der härtesten Einsätze aus dem vergangenen Jahr.

"Sind Kinder beteiligt, werden die Einsätze deutlich belastender. Je näher es an den eigenen Lebensumständen ist, desto schwerer“, sagt Stüben,  der wie Einige aus seinem Team auch selbst Kinder hat.

Die Familie, die den tragischen Schicksalsschlag erleiden musste, sind drei von 1.748 Menschen, die letztes Jahr durch das KIT betreut wurden. Die beiden Kinder sind zwei der 187 Jungen und Mädchen, denen die Helfer in dem Jahr in ihren schwersten Stunden zur Seite standen. Auch das sind so viele wie nie zuvor.

Gerade in so einer Situation ist viel Erfahrung und "Fingerspitzengefühl" gefordert. Sind Minderjährige betroffen, ist das KIT extra qualifiziert und sowieso stets zu zweit vor Ort. „Begleiten wir beispielsweise die Polizei beim Überbringen einer Todesnachricht zu den Angehörigen, kümmert sich einer von uns um die Erwachsenen vor Ort, der andere hat das Augenmerk auf den Kindern“, so Stüben. „Je nach Alter und Entwicklungsstand versuchen wir, mit den Kindern in Kontakt zu kommen. Wir erklären, was passiert ist, warum die Polizei in der Wohnung ist. Ich ermuntere die Kinder immer, dass sie mich alles fragen dürfen und es keine doofen Fragen gibt.“

Fragen und wechselnde Emotionen erleben die KIT-Helfer in dieser Extremsituation wieder und wieder. Stüben: „Manche Kinder schweigen, manche weinen, spielen dann, manche nehmen uns in den Arm, manche wollen Details wissen. Wir nehmen uns bei Kindern deutlich mehr Zeit, um allen Reaktionen Raum zu geben.“

Mit den Angehörigen wird besprochen, wen oder was das Kind braucht, ob und wann es wieder in die Schule geht, was stabilisieren und vielleicht ein Stück Normalität geben kann.

Dabei schlägt das KIT auch die Brücke zu weiterführenden Hilfsangeboten. Stuben: „Die Familien benötigen meist mehr als unsere Akuthilfe. Wir vermitteln zum Beispiel den Kontakt zu Beratungszentren oder Therapeuten und gehen nie aus einem Einsatz, ohne etwas angebahnt zu haben.“

Einsätze wie der von Heiligabend belasten auch die Helfer selbst. Solche Einsätze werden im Team und auch im Rahmen von fachlich begleitete Einsatzbesprechungen nachbereitet. „Für uns ist das Gefühl wichtig, dass wir im Sinne der Betroffenen das Beste versucht und die ersten Weichen gestellt haben“, so Stüben. „Sonst könnten wir diese Aufgabe nicht machen.“

Wer sich im KIT engagieren will, muss bei der Schulung ein eigenes Qualifizierungs-Modul zum Umgang mit potenziell traumatisierten Kindern und Jugendlichen absolvieren, auch jährliche Fortbildungen gehören dazu.
Die Helfer vom KIT KIT arbeiten alle ehrenamtlich, unentgeltlich und rund um die Uhr. Alarmiert wird das Team durch die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten oder durch das Institut für Rechtsmedizin. zv

Wer das KIT mit einer Spende beispielsweise für Fortbildung und Ausrüstung unterstützen will:
Spendenkonto DRK Harburg
IBAN: DE09 2005 0550 1262 1133 33
BIC: HASPDEHHXXX
Hamburger Sparkasse
Stichwort: KIT